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Channel: Elbphilharmonie – Reinheitsgebot
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Das Bier im Konzert

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Die Elbphilharmonie in Hamburg hat von Anfang an aufs Bier gesetzt. War das eine gute Entscheidung? Unser Gastrokritiker Jürgen Dollase hat es im Störtebeker-Restaurant getestet.

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© dpaIm Brauereirestaurant „Störtebeker Elbphilharmonie“ kommen 21 verschiedene Biere aus der Zapfanlage.

Die Hamburger Elbphilharmonie ist eine berühmte Adresse für Konzerte und hat sich zu einer großen Touristenattraktion entwickelt. Schon am Vormittag trifft man einen ständigen Strom von Besuchern an, und was sich da erst einmal zeigt, ist eher prosaisch. Für den Besuch des Inneren braucht man Tickets, es ist voll, hektisch und ein wenig wie in der U-Bahn. Außerdem ist das Parkhaus mit fünf Euro pro angefangener Stunde auch nicht gerade ein Schnäppchen.

Was aber tut sich hier gastronomisch? Das Angebot im „Beer & Dine“ verspricht zumindest abends ab 19.30 Uhr ein ambitioniertes Programm, das allerdings in einem Ambiente angeboten wird, welches zwischen Bistro und modernem Brauhaus liegt und die zahlreichen Besucher dann auch zu Brauhaus-Lautstärke anregt. Vom Hafen sieht man hier übrigens nur von einigen Plätzen einen kleinen Ausschnitt. Kurzum: Dass man in der weltberühmten Elbphilharmonie speist, wird nicht recht ersichtlich.

Das Essen beginnt mit einem anspruchsvoll klingenden „Carpaccio vom Thunfisch mit sautiertem Kalbsbries, geröstetem Baguette, Schalotten, Schnittlauch, Limonen-Olivenöl“ (17,50 Euro). Serviert werden dünne Scheiben vom rohen Thunfisch mit unterschiedlich kleinen Stückchen Kalbsbries und kleinen Schalotten- und Schnittlauchstückchen. Es schmeckt recht gut, weil die Balance zwischen Fleisch und Fisch Sinn macht und einen Mischgeschmack ergibt. Ein pures Thunfischaroma im Sashimi-Stil darf man allerdings nicht erwarten. Vom Baguette gibt es eine geröstete und mit einer Creme von gegartem Thunfisch bestrichene Scheibe in der Mitte unter dem Carpaccio. Nach diesem Auftakt ergeben sich dann allerdings bei allen folgenden Gerichten gewisse Irritationen.

Eine gute Empfehlung

Die „Spargelcremesuppe mit gebackener Wachtelkeule“ (9,50 Euro) schmeckt im Kern konventionell-klassisch. Probleme ergeben sich mit dem auf dem Knochen zusammengeschobenen, quasi runden Wachtelkeulenfleisch. Es ist paniert, wurde dann aber in einem Fett ausgebacken, das ihm den Eigengeschmack und die Feinheit nimmt und eher an Panierungen in manch einer Imbissstube denken lässt.

Eine Art Ausgleich bekommt man überraschenderweise bei der Bierbegleitung, die hier statt der üblichen Weinbegleitung angeboten wird. Weil das Restaurant von der Brauerei Störtebeker betrieben wird, gibt es zum Beispiel zum Carpaccio das „Baltik Lager“, ein leicht dunkles Bier mit einem herzhaften Geschmack. Es legt sich durchaus nicht über das Essen und wirkt auch nicht wie ein zu kräftiger Fremdkörper, sondern harmoniert dazu wie ein guter Wein. Das „Kellerbier“ zur Spargelsuppe schmeckt im Prinzip ebenfalls gut, verliert aber mit der Suppe und den Röstnoten der Wachtelkeule leicht an Substanz.

Bei den Hauptgerichten beginnt der Gast mit dem „Gebratenen Steinbeißerfilet mit Weißbrotkruste, Lauchfondue, Sud von Volcano-Schinken und dänischen Blaumuscheln“ (26,50 Euro). Hier bleibt die Küche einerseits im Prinzip bei einem annehmbaren Geschmacksbild, bei dem der Fisch allerdings etwas zu weich ist und die recht feste Weißbrotkruste ein Eigenleben führt. Das größere Problem ist, dass am Tisch der Schinkensud angegossen wird und die Wässrigkeit des Ganzen so weit treibt, dass man nach wenigen Bissen eine unansehnliche Masse auf dem Teller hat. Dass die Bestandteile darin dann verschwimmen und ihre Wirkung kaum ausspielen können, stört doch sehr. Das Bier dazu, ein „Störtebeker Roggenweizen“, ist allerdings abermals eine gute Empfehlung.

Auch das Fleischgericht, „Zweierlei vom friesischen Salzwiesenlamm – Lammcarree mit Kräuterkruste und geschmorte Lammkeule mit Tomatenchutney, confierten Schalotten und Polentaschnitte“ (28 Euro), irritiert und schmeckt nicht so gut, wie es beim Servieren aussieht. Das Stück vom Rücken könnte durch eine knappere Garung nur gewinnen, und das Keulenfleisch (das sehr gut und spezifisch schmecken kann) wird nur in Form kleiner, völlig von einer dichten Sauce durchzogener Würfel serviert. Ein Tomatenchutney gibt es nicht, dafür eine große Menge Polenta und eine Art Gemüseragout, und insgesamt bleibt die Qualität auf einer Linie, die einfach keinen besonderen Eindruck hinterlässt.

Nach einer zuverlässig-professionellen Zitronentarte kommt der Gast zum Schluss, dass es hier in der neuen Elbphilharmonie wohl keine ernsthaften Gedanken gegeben hat, in der Nähe zum schon weltbekannten Konzertsaal auch im kulinarischen Bereich Interessantes (wenn nicht sogar Adäquates) zu präsentieren. Vielleicht hat aber auch – wie so oft – einfach der Meistbietende die Räume für das kulinarische Angebot bekommen.

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„Störtebeker Beer & Dine“ in der Elbphilharmonie. Platz der Deutschen Einheit 3, 20457 Hamburg. Telefon 040/6053 3810, www.stoertebeker-eph.com. Täglich geöffnet. Vorspeisen 7,50 bis 18,50 Euro, Hauptgerichte 24,50 bis 34,50 Euro. Mittags preisreduzierte Gerichte der Regionalküche, 17.30 Uhr Elbphilharmonie-Menü (37,50 Euro/3 Gänge), 19.30 Uhr À-la-carte-Essen.

 

Dieser Text erschien zuerst in der F.A.S.-Kolumne „Hier spricht der Gast“.

 

von juergendollase erschienen in Reinheitsgebot ein Blog von FAZ.NET.


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